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Was für eine Bereicherung, wenn man von Personen lernen kann, die erfahrener im Leben sind und bereits mehr Erkenntnis und Wissen haben.

Schon seit meiner Teenager-Zeit bin ich begeistert von der Idee, dass ich mich in meinem Leben von Personen begleiten lassen möchte, die schon etwas mehr durch ihr Leben gelernt haben als ich. Deshalb bin ich seit meiner Entscheidung für Jesus als Teenager und besonders wegen meiner Tätigkeit als Leiterin seit über 10 Jahren in einem Mentoring. Deshalb möchte ich Einblicke in die Beziehung und die Begleitung mit meiner Mentorin geben. Sie begleitet mich nun seit über zwei Jahren. Der Textlänge wegen wird bewusst nur die männliche Form benutzt.

Definition

Als ein Mentoring bezeichnet man den Austausch zwischen einer erfahrenen Person (Mentor) und einer weniger erfahrenen Person (Mentee). So gibt der Mentor sein Wissen und seine Erfahrungen an seinen Mentee weiter, um diesen in seiner persönlichen oder beruflichen Entwicklung zu fördern. Hierbei soll klar vom Coaching-Setting unterschieden werden:

  • Der Mentor nimmt keine neutrale Position gegenüber der zu beratenden Person ein sondern teilt auch seine persönlichen Erfahrungen und Gedanken. So kann der Mentee direkt aus dem Leben des Mentors lernen. Im Coaching hingegen liegt die Lösung beim Klienten.
  • Ein Coaching ist nach ein paar Sitzungen zu Ende, das Mentoring ein längerfristiges Begleiten ist. Mit anderen Worten könnte man sagen, dass ein Mentor ein Wegbegleiter ist.
  • Ein Mentoring ist in der Regel kostenlos, ein Coaching oftmals kostenpflichtig.
  • Liegt der Fokus beim Coaching auf einem Ziel, ist im Mentoring die positive Förderung der Sinn und Zweck.

Es kann zwischen drei Settings unterschieden werden:

  1. Eins-zu-eins-Mentoring: Der Mentor und sein Mentee gestalten eine exklusive Mentoring-Beziehung im eins zu eins.
  2. Gruppen-Mentoring: Mehrere Mentees arbeiten mit einem Mentor zusammen.
  3. Peer Mentoring: Die Beratung und Begleitung geschehen durch Gleichgestellte innerhalb einer Mentee-Gruppe.

Einblicke in meine Mentoring-Beziehung

Meine Mentorin Lebana und ich haben uns in der Frauenarbeit in unserer Gemeinde kennengelernt. In dieser Zeit, als ich neu zum Team hinzugestossen bin, war ich auf Suche nach einer neuen Mentorin. Als ich Lebana etwas besser kennengelernt habe, wurde mir schnell bewusst, dass sie eine geeignete Mentorin sein könnte. Es gab, wie ich später herausgefunden habe, einige Parallelen in unseren Lebenserfahrungen und Charakterzügen. Als ich sie dann gefragt habe, ob sie mich längerfristig begleiten möchte, hat sie gerne ja gesagt. Rückblickend ist sie nicht nur charakterlich und erfahrungsmässig ein Volltreffer für mich, sondern auch durch ihre Ausbildung als betriebliche Coachin eine super Begleiterin, wenn es um Fragen aus dem beruflichen Teil meines Lebens geht.

Wir geben dir nun konkrete Einblicke in unsere Mentoring-Beziehung:

Wieso möchtest du in ein Mentoring? Jaël: Als Teenager war meine Motivation, eine Bezugsperson zu haben, jemand der zuhört und mich geistlich begleitet. Mit dir als Mentorin suchte ich jemanden, der mich hinterfragt, begleitet, der erfahrener ist und von dem ich lernen kann. Auch aus beruflicher Sicht wurde mir als Person in Verantwortung empfohlen, mir in konkreten Situation oder Muster reinreden zu lassen. Auch mir selber war es wichtig, dass ich in meinem Tun hinterfragt werde und für einmal aus meiner Rolle herauskommen kann.

Wieso investierst du dich in eine Mentoring-Beziehung? Lebana: Ich hatte Jaël auf dem Herzen, sie zu begleiten. Die Begegnung, wie sich das ergeben hat, hat Gott aus meiner Sicht geführt. Deswegen habe ich mich zur Verfügung gestellt. Ich habe vieles in Jaël gesehen, was ich in meinen jungen Jahren erlebt habe und hätte mir damals eine Mentorin gewünscht. Deswegen wollte ich ihr das zurückgeben, was mir gefehlt hat. Ich sehe da auch Parallelen zu den Jüngern, die haben sich auch gegenseitig begleitet.

Was hast du seither in dieser Mentoring-Beziehung gelernt? Lebana: Durch dein Erzählen von Erlebtem kommt teilweise vergessenes wieder hervor, wodurch ich mich wieder daran erinnere und gleich selber in einen Lernprozess komme, mich hinterfrage und daraus lerne. Denn es gibt Themen von dir, die mich auch betreffen und mich bereits mein Leben lang begleiten. Dadurch lernt mich dies Demut. Denn ich habe zwar Erfahrung, aber durch die Begegnung mit dir sehe ich, dass ich selber immer noch lerne. Wie du habe ich auch meine Themen. Deswegen begegnen wir uns auf Augenhöhe. Als Mentorin lerne ich immer wieder in den Gesprächen neue Dinge über mich selber. Persönlich helfen mir meine eigenen Mentorings, Rechenschaft ablegen zu müssen.

Jaël: Mir wurde ebenfalls unter anderem das Thema Rechenschaft ablegen sehr wichtig. Und das muss ich vor allem im Mentoring bewusst lernen. Du kannst mir den Finger auf unangenehme Dinge legen, dass ich länger an Dingen dranbleiben soll, und manchmal auch ganz konkrete Ziele setzen muss. Das führt dazu, dass ich an vorgenommenen Lernfeldern dranbleiben muss. Aus deinen persönlichen Erlebnissen merke ich oft, dass die Dinge ein Prozess sind, und darin machst du mir Mut. Denn gewisse Themen bleiben ein Leben lang. Das gibt mir eine gesunde Realität.

Welche Herausforderungen stellen sich uns darin? Lebana: Ich muss mich darauf achten, dass ich nicht von mir auf dich schliesse. Ich muss mir immer wieder sagen, dass deine Lernschritte nicht meinen entsprechen müssen. Wir sind uns in vielen Dingen ähnlich. Denn es ist mir mit dir auch eine wirkliche Herzensangelegenheit. Jaël: Ich muss immer wieder ganz genau bei mir hinhören und ganz ehrlich sein. Das ist eine bewusste Entscheidung. Auch wenn es manchmal unangenehm ist hinzuschauen. Aber nur so komme ich weiter und kann an meinen Zielen dranbleiben.

Tipp zum Schluss: Jaël: Ich empfehle jeder Person, sich einen Mentor zu suchen. Es ist so wertvoll. Auf neutralem Boden kann ich mir von jemandem ganz bewusst ins Leben reden, mich hinterfragen lassen und kann Rechenschaft ablegen. Die passende Person zu finden und sie zu fragen, kostet manchmal etwas Mut. Aber es lohnt sich, mit einem potenziellen Mentor ins Gespräch zu kommen und herausfinden, ob es passt. Dabei finde ich es wichtig, mit einer bestimmten Absicht, einem Ziel, einen Mentor zu suchen.

Lebana: Als Mentor muss man sicher gut zuhören können. Des Weiteren sollte man seine Grenzen kennen und wissen, wo man Hilfe sucht, wenn man mit einem Thema überfordert ist. Eine gewisse Ausbildung ist sicherlich gut, um eine gewisse Grundkenntnis in der Gesprächsführung zu bekommen. Schlussendlich soll man bei der Entscheidung, jemanden zu begleiten, auf sein Herz hören.

Jaël Binggeli ist Jugendverantwortliche bei der SEA und ist Teil vom Newleaders-Team.