Wie muss Kirche für die Generation Z aussehen?

Wie soll die Kirche von heute aussehen, dass die jungen Menschen der Generation Z, sich dort zuhause fühlen? Um dieser Frage nachzugehen ein Interview mit Simon Schnetzer, Jugendforscher, Speaker und Futurist.

Wer ist die Generation Z? [1]:
«Diese Generation bezeichnet junge Menschen, die zwischen den Jahren 1995 und 2010 geboren sind. Im englischsprachigen Raum wird sie gerne als GenZ oder Gen Z bezeichnet.  Sie folgt auf die Generation Y (auch Millennials genannt) und ist die erste Generation, die mit dem Smartphone aufwächst. Auf die Generation Z folgt übrigens die Generation Alpha. Eine absolut klare Trennung der Generationen ist nicht möglich, die Übergänge sind fließend.»

Wie soll Kirche für die GenZ heute aussehen? Welche Merkmale soll sie zeichnen?
Simon Schnetzer: Dabei sehe ich zwei wichtige Aspekte. Zum einen müssen die Themen für die Jugendlichen relevant sein. Zum anderen ist es wichtig, dass sie in der Umsetzung aktiv mitgestalten können. Dadurch können sie sich stärker damit identifizieren und auch ihre Themen in der Planung platzieren. Aus meiner Forschung habe ich häufig beobachtet, dass Kirchen eben gerade nicht die für die GenZ relevanten Themen aufgreifen. Des Weiteren kommt der Aspekt der Selbstwerterhöhung rein. Die Kirche ist effektiv eine Bühne, worauf die jungen Menschen ihre Erlebnisse teilen können. Beispielsweise, wenn jemand einen Einsatz oder einen Austausch gemacht hat, eine Bühne bekommen sollen, um dessen Geschichten und Erlebnissen mit Jesus zu teilen.

Wie kann die Kirche die Werte auch stärker leben, wofür sie stehen möchte?
Simon Schnetzer: Kirche müsste Profi sein, in Themen, wie Exerzitien. Das heisst so viel, wie Achtsamkeit trainieren. Jemand, der nach innerer Ruhe und Achtsamkeit sucht, stolpert weniger über die Kirche, die das anbieten würde. Hinsichtlich der Corona-Pandemie haben Jugendliche besonders psychisch darunter gelitten. Jugendseelsorge wäre darin ein wichtiges Thema gewesen. Darin hätte die Kirche eine viel relevantere Rolle einnehmen können. Es stellt sich nun die Frage, welche Art von Kirche die GenZ anspricht. Viele Menschen stolpern momentan eher über die Skandale der Kirche. Das führt dazu, dass in Deutschland massiv viele Leute und Mitarbeitende, auch junge, von der Kirche abwandern.

Was Kirche zunächst sein soll und kann, ist Gemeinschaft von Menschen, die glauben und sich darin vereint sehen. Diese Art von Gemeinschaftsgefühl kann sich nicht nur im Gottesdienst und vielmehr bei Aktivitäten oder sonst irgendwie, erlebbar gemacht werden. Schlussendlich stellt sich die Frage, ob die Kirche auf dem Radar der Jugendlichen sichtbar ist. Jugendliche wollen, wenn sie sich für etwas engagieren, wahrgenommen werden. Daher braucht es Kanäle resp. Räume dafür.

Welchen Wert hat die Kirche aus Sicht der GenZ überhaupt noch?
Simon Schnetzer: Die Kirche als Institution findet überwiegend Ablehnung, da sie so viele Skandale verzeichnet. Daher ist es als junger Mensch schwierig dies als positiv anzusehen. Das Schlimmste, was man momentan wahrscheinlich sagen kann, ist, dass Glaube nur mit Kirche geht. Darunter leidet das Glaubensthema. Ich glaube, dass man das zuerst einmal wieder trennen sollte. Trennung von der Institution Kirchen und dem Glauben an Jesus.

Eine schöne Beobachtung aus der Krise ist, dass Menschen, die ihren Glauben aktiv und regelmässig gepflegt haben, besser durch die Krise gekommen sind. Warum ist das so? Ein Rückschlag wird als lehrreich angeschaut. Sie haben durch den Glauben Hoffnung geschöpft.

Was erhofft sich die GenZ von der Kirche?
Simon Schnetzer: Kirche war bislang ein Selbstverständnis, in Gemeinde und Familie. Wenn dies aber wegfällt, dann musst du dich als Organisation so aufstellen, dass die Leute zu dir kommen wollen. Was müssen wir als Kirche nun also sein, das junge Menschen kommen wollen? «Aufmerksamkeit bekommst du, wenn du die Bedürfnisse von deiner Zielgruppe erfüllst»[2]. Das vernachlässigt die Kirche konsequent. Daher sollte vielmehr den Jugendlichen den Raum gegeben werden, selber zu gestalten (an dieser Stelle soll gesagt werden, dass diese Ansichten und Schlüsse von Simon vor allem aus dem Bereich der katholischen Kirche kommen. Die Fazits können je nach dem daher nicht identisch für evangelische Kirchen übernommen werden).

Wieso soll die GenZ für den Glauben heute noch begeistert werden?
Simon Schnetzer: Weil momentan eine Wahnsinns Verunsicherung herrscht. Junge Menschen sind in diesem Dauerkrisen-Modus.[3] Was ihnen dabei hilft sind Familie, Ziele und Erfolge. Ziele im Leben hängen ganz eng mit einem Wort zusammen, welches in der Kirche eine ganz zentrale Rolle spielt: Hoffnung. Dadurch finde ich, dass die Hoffnungsbotschaft so wertvoll ist. Aber nicht nur die Botschaft, sondern auch die Erfolgsgeschichten darin. Warum sollen Menschen also zu uns (Kirche) kommen? Weil sie auf der Suche nach Hoffnung sind und wie sie aus ihrer schwierigen Lage in eine bessere kommen können. Eine Krise ist daher eine wertvolle Zeit, um Menschen Hoffnung zu geben. Und Menschen bei ihren Bedürfnissen abholen, wenn ich dafür eine Lösung habe. Die Lösung muss nicht von der Kirche kommen, sondern von den Menschen, die mit den Mitteln, die der Glaube vermittelt, ihren Weg gegangen sind. Geschichten erzählen Freikirchen wahnsinnig gut. Sogenannte Wirksamkeits-Stories, Erfolgsgeschichte erzählen und ins Zentrum rücken. Und da können Kirchen andocken, Leute zusammenbringen, die ähnliche Lösung suchen zu vernetzen. Dadurch ist erlebbar, welchen Mehrwert Kirche als Gemeinschaft durch das Glauben bietet. Es braucht diese erlebbare «Influencer», die den Glauben vorleben. Es ist vielleicht gar nicht schlecht einen gewissen Personenkult zuzulassen.

Ich stelle mir in letzter Zeit immer wieder dieselbe Frage: «Woher kommt eine gesellschaftliche Werteorientierung, wenn Kirche immer stärker an Boden verliert. Woher kommt das in Zukunft? Darauf habe ich noch keine Antwort. Die Kirche schafft dadurch ein Vakuum.

Weiter Infos zu Simon und seiner Arbeit unter: www.simon-schnetzer.com

[1] https://simon-schnetzer.com/generation-z/
[2]Vgl. Nach ABBAS-Model: https://simon-schnetzer.com/abbas-generationenmodell/
[3] Zitate aus seiner Studie: https://simon-schnetzer.com/jugend-in-deutschland-trendstudie-sommer-2022/

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